Wer die Tage im Schönbuch bei Hildrizhausen unterwegs war, konnte eine seltene Begegnung machen – nicht Hirsch, Hase oder Waldarbeiter, sondern ein Filmteam. Das hatte sich natürlich nicht im Wald verlaufen, sondern gehörte zum Stuttgarter Filmemacher Denis Pavlovic.
Artikel vom 04. August 2017, von Jan Henne, Kreiszeitung Böblinger Bote
HILDRIZHAUSEN. Der 30-Jährige studiert an der Filmakademie Baden-Württemberg und arbeitet gerade an einem zwei Jahre dauernden Projekt für das Studienfach Filmgestaltung. „Vor knapp einem Jahr habe ich angefangen zu schreiben. Ausschlaggebend war ein Artikel mit dem Titel „Die Schlachtordnung“, der 2014 in der ZEIT erschien. Das Gute an dem Projekt ist, dass ich sehr frei in meiner Arbeit bin und mich austoben kann“, erzählt Pavlovic in einem Telefoninterview.
Der Kurzfilm mit dem Titel „Stakleni Horizont“ handelt von einem kroatischen Gastarbeiter, der in einem Schlachtbetrieb arbeitet und aus dem Wohnheim gewiesen wird. In gut 15 Minuten erzählt der Film von den zwei Monaten, die der Mann daraufhin im Wald lebt, während er seiner Frau eine Lügengeschichte nach der anderen über sein Leben in Deutschland auf die Mailbox spricht.
Während der Dreharbeiten schlief das Team im Garten der Jugendhilfe Waldhaus in Hildrizhausen. Dort hatte Denis Pavlovic zuvor eine Retrospektive für die 60-Jahr-Feier des Waldhauses gedreht – und da fiel es ihm wie Schuppen von den Augen: „Der gesuchte Wald lag direkt vor unserer Nase. Die Infrastruktur war ideal, mit der Gierich GmbH ein Film- und Technikverleih direkt vor Ort. Die Anbindung an Waldhaus und Förster war innerhalb von vier Wochen erledigt.“
„Wie Ferienlager mit Filmdreh“
Das Filmteam umfasste 19 Personen plus Helfer. Zwei Tage wurde die Hütte im Wald gebaut, sechs Tage gedreht, neun bis zehn Stunden pro Tag. Unterstützung bekam das Team von Waldhaus-Leiter Hans Artschwager. Der fand den Dreh ganz unaufgeregt und unkompliziert. „Die Location war wertvoll und ich wollte etwas zurückgeben, nachdem sie für uns den Jubiläumsfilm gedreht haben. Wir haben den Kontakt zu Forst und Gemeinde hergestellt. Denis Pavlovic und sein Team hatten unsere volle Unterstützung“, berichtet Artschwager. „Wir haben über die Firma Dehling aus Holzgerlingen einen Steiger organisiert. Überhaupt war das ein wahnsinniger Aufwand für knappe 20 Minuten Film.
Da wurde fünf Stunden an einer Szene gedreht. „Mal weil Flugzeuglärm störte, mal weil Radfahrer in den Film platzten“, so der Waldhaus-Chef weiter. Für Denis Pavlovic und sein Team waren manche Szenen wirklich „wie verhext“. Insgesamt 16 Versuche und zweieinhalb Stunden dauerte es, um eine Szene in den Kasten zu kriegen. Alles nur, weil der Wind immer wieder den Kunstnebel wegblies. Trotzdem war das Wetter ein Glücksfall: kein Sturm und kein Regen.
So zieht der junge Filmemacher ein positives Fazit: „Das alles war eine glückliche Fügung. Der Schönbuch war der passende Ort und im Waldhaus war es mehr als traumhaft. Es war ein sehr familiäres Verhältnis. Jeden Tag saßen wir am Lagerfeuer. Es war wie ein Ferienlager mit Filmdreh.“
Weitere Filmprojekte über das Waldhaus und den Handball
Am Ende stehen über 250 Minuten Filmmaterial zu Buche. Wenn der Kurzfilm fertig geschnitten und bearbeitet ist, feiert er Premiere an der Ludwigsburger Akademie. Danach will Pavlovic ihn beim Max-Ophüls-Festival und den Hofer-Filmtagen einreichen. Auch auf dem osteuropäischen Filmmarkt sieht der Stuttgarter Potential, schließlich ist der Film komplett auf kroatisch.
Mit dem Schönbuch hat er filmerisch indes noch nicht abgeschlossen. Zwei weitere Filmprojekte sind bereits in Planung. Einmal über 100 Jahre Handball in Hildrizhausen und zum anderen soll eine Doku über die Erfolgsgeschichten ehemaliger Waldhäusler kommen. Wir dürfen gespannt sein, welches Geschichten sich im Schönbuch noch verfilmen lassen.