Das Jugendhaus Neon in Weil im Schönbuch ist Treffpunkt für viele Jugendliche in der Gemeinde – während Corona auch digital
Simone Blech (links) und Mahendra Scharf im Gemeinschaftsraum des Jugendhauses, bevor es geschlossen wurde Foto: Stefanie Schlecht
Gemeinsam leiten Mahendra Scharf und Simone Blech den Anlaufpunkt für die jüngere Generation in Weil im Schönbuch. Hier dürfen die Jugendlichen entscheiden, wie sie ihre Zeit verbringen. Während der Corona-Krise bieten sie virtuelle Angebote für die Kids.
Artikel vom 15. April 2020 – 16:00
Von Melissa Schaich
WEIL IM SCHÖNBUCH. Vor ein paar Wochen, als das Leben noch seinen gewohnten Gang nahm, waren manchmal vier Leute da, dann wieder 20 Jugendliche. Die Türen des Jugendhauses Neon in Weil im Schönbuch standen für jeden offen: „Wir haben eine sehr durchmischte Gruppe“, erzählt Mahendra Scharf, eine der zwei Leiterinnen des Hauses. Momentan ist das Weilemer Jugendhaus – wie alle Einrichtungen in der Region – geschlossen. Doch normalerweise ist die Altersspanne der Jugendhaus-Besucher weit gefächert: Der Jüngste ist elf Jahre alt, die ältesten sind um die 21. „Sie verstehen sich aber alle gut“, meint Simone Blech, die ebenfalls im Jugendhaus arbeitet. Beim gemeinsamen Tischkicker- oder Billard-Spielen heißt es da schnell von einem der Älteren: „Komm, ich zeig dir wie das geht.“
Was im Jugendhaus gemacht wird, entscheiden die Jugendlichen
Allgemein herrscht eine große Dynamik in der Gruppe des Jugendhauses. „Es bilden sich immer wieder verschiedene Freundschaftskreise“, sagt Simone Blech. Dann ist in der Regel auch viel los im Jugendhaus. Wem es mal zu viel wird, kann sich ins Fernsehrzimmer zurückziehen. Dort stehen auch Regale mit Büchern und Spielen. Ansonsten können sich die Jugendlichen im großen Gemeinschaftsraum oder im Eingangsbereich am Billardtisch austoben. „Im Sommer sind wir in der Regel auch draußen im Garten, da haben wir eine Grillmöglichkeit“, erzählt Simone Blech.
Zumeist gibt es kein Programm, wenn das Jugendhaus geöffnet hat – „die Jugendlichen entscheiden selbst, was sie tun wollen“, meint Mahendra Scharf. Vielleicht liegt es daran, dass sie sich wie zu Hause fühlen. „Das merken wir dann, wenn wir schließen und sie nicht gehen wollen“, erzählt sie und lacht. Im Eingangsbereich warten jede Menge Sitzmöglichkeiten. Eine Tafel ist über und über bemalt mit inspirierenden Sätzen: „Egal, was passiert, vergiss nie dein Lächeln“ oder „Appreciate good people“. Wenn es etwas Neues gibt, kommen die Jugendlichen vorbei und erzählen kurz. Da wird das neue Auto vorgeführt, der Schulabschluss oder der Führerschein gefeiert.
Doch nicht nur das Schöne können die Jugendlichen im Jugendhaus teilen. „Wer reden will, sucht sich eigentlich immer seinen Ansprechpartner aus“, erklärt Simone Blech. „Das kommt ganz auf die Person an“, fügt Mahendra Scharf hinzu. Familie, Beziehungen, Geldprobleme, Schule: Im Jugendhaus kommt alles auf den Tisch. Auch, wenn es Probleme gibt. In der Regel mischen sich die beiden Leiterinnen je nach Gruppe und Situation eher unauffällig unter die Menge. Wer dann ein Gespräch sucht, hat immer die Gelegenheit dazu, eine der beiden anzusprechen.
Ab und zu geht auch mal etwas zu Bruch, das ist normal
Die Jugendhaus-Leiterinnen standen jedoch auch schon vor ein paar Herausforderungen: Denn auch das Zusammenleben im Jugendhaus will gelernt sein. „Am Anfang hatten wir ziemliche Probleme mit dem Thema Müll“, sagt Mahendra Scharf. „Wir haben lange daran gearbeitet, aber mittlerweile kommen die Jugendlichen aktiv zu uns, wenn mal etwas zu Bruch geht“, meint Simone Blech. „Das ist schließlich alles Erziehungssache“, ergänzt Mahendra Scharf.
Im großen Gemeinschaftsraum lädt ein großes, orangenes Sofa zum Verweilen ein, gegenüber befindet sich eine kleine Küche. „Manchmal haben wir ein paar Lebensmittel da, aber viele bringen auch etwas mit und kochen dann gemeinsam“, erzählt Simone Blech. Besonders viel Spaß macht den Jugendlichen der Brunch am Ende der Ferien, für den jeder etwas mitbringt.
Doch diese alltäglichen Zusammenkünfte sind in der momentanen Situation nur noch Erzählungen aus der Vergangenheit. Die zwei Jugendhaus-Leiterinnen sind jedoch immer noch aktiv: Auf Facebook und ihrem Instagram-Account posten sie täglich Angebote: „Montag bis Freitag ist immer etwas dabei für kleinere Kinder und für Jugendliche“, erklärt Simone Blech. Gemeinsam mit ihrer Kollegin Mahendra Scharf hat sie ihre Arbeit von Grund auf umstrukturieren müssen. „Wir haben vor allem auch das Gemeinwesen im allgemeineren Sinne im Blick“, erklärt Simone Blech. So helfen sie, die Nachbarschaftshilfe aufzubauen, für die sich viele Studenten und Jugendliche freiwillig gemeldet haben, um Post-, Apotheke- oder Gassi-Gänge zu erledigen. „Das ist wirklich ganz schöne Arbeit“, schwärmt Blech vom Engagement der jungen Leute. Ansonsten drehen die beiden ihre Runden durch die Straßen von Weil im Schönbuch.
Wie es im Jugendhaus nach Corona weitergeht, steht in den Sternen
Rund zwölf Kilometer legt Simone Blech täglich zurück. „Da sind wir auch unterwegs im Auftrag des Ordnungsamtes, um die Spiel- und Bolzplätze zu kontrollieren“, erklärt sie. Doch größere Konflikte mit den Verboten hat es bis jetzt nicht gegeben. „Am Anfang hat es etwas Zeit gebraucht, bis sich die Situation eingependelt hat“, fügt sie hinzu. Doch die Jugendlichen halten sich in ihrer Erfahrung an die Regeln und machen einen relativ entspannten Eindruck.
Wie es jedoch mit dem Jugendhaus weitergeht und wann es wieder eröffnet wird, steht momentan noch in den Sternen. Im April wollten die beiden Leiterinnen einen Mädchentreff immer dienstags im Jugendhaus stattfinden lassen. „Alle Projekte sind momentan auf Halde“, meint Simone Blech. Die Devise der beiden lautet: Abwarten.
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