Zwei Jahre herrschte im ehemaligen Jugendtreff „Konzäppt“ in Hildrizhausen tote Hose. In den vergangenen sechs Wochen haben 17 Jugendliche, Jugend- referent Harry Sommer und der Bauhof die Räumlichkeiten ordentlich aufgehübscht. Ab sofort ist hier jeden Freitag kickern, Billard spielen und chillen angesagt.
Artikel vom 21. November 2019 – 20:00
Von Sandra Schumacher
HILDRIZHAUSEN. Fröhliches Stimmengewirr hallt durch die 3,5-Zimmer-Dachbodenwohnung in der Carl-Zeiss-Straße 2. Hier erstrahlt der rundum aufgemöbelte Hausemer Jugendtreff mit frisch gestrichenen Wänden sowie neuen Sitzgelegenheiten und Spielgeräten in völlig neuem Glanz. Schon am Eröffnungstag herrscht hier überraschend reges Treiben: Rund 15 Kids jagen mit ihren Billard-Qeues die bunten Kugeln über den Fließbelag des Tisches. Es folgt ein Krachen, darauf ein Ploppen – und ein kurzes Jubeln, als Kugel Nummer 6 im vorher angekündigten Loch oben rechts abtaucht.
Finanzielle Unterstützung für den Jugendtreff gab es von der Gemeinde
„Es ist erstaunlich, was wir hier in nur sechs Wochen geschafft haben“, freut sich Harry Sommer. Erst im September hatte er mit seinem 17-köpfigen Team bestehend aus Hausemer Jugendlichen mit der Entrümpelung der Räumlichkeiten begonnen. Alte Möbel raus, neue rein, nicht mehr brauchbare Gesellschaftsspiele und Spielekonsolen entsorgen, dafür eine neue Musikanlage einbauen – ganz schön viel zu tun für die fleißigen Kids. Finanzielle Unterstützung für die Neuanschaffung gab’s von der Gemeinde, tatkräftige Schützenhilfe aus den Reihen des Bauhofteams, das sich beispielsweise für den schicken blauen Farbton an einer der Wände verantwortlich zeichnet. „Ich bin wirklich begeistert, wie alle an einem Strang gezogen und wie sich die Kids hier eingebracht haben“, betont Harry Sommer.
Während es am Billardtisch am laufenden Bande rumpelt und pumpelt, lümmeln sich an anderer Stelle einige Jugendliche auf die neuen braunen Ledergarnituren, während wieder andere sich an der Theke, die den Raum von der Küche trennt, bei Annabelle Breuninger mit Snacks und Getränken versorgen. „Der neue Jugendtreff soll ein Ort sein, an dem die Kids sie selbst seien können und an dem jeder willkommen ist“, sagt die 21-jährige Studentin der Sozialen Arbeit, die den Treff von nun an jeden Freitag von 16 bis 19 Uhr leiten wird. „Zum einen schaue ich natürlich danach, dass mögliche Konflikte nicht ausarten“, erklärt sie ihre Rolle. „Zum anderen bin ich eine Ansprechpartnerin, wenn die Kids Probleme haben. Dadurch, dass ich älter bin als sie, aber eben nicht zur Familie gehöre, kann ich ihnen eine gewisse Orientierung geben, wenn sie das möchten.“
Betreuerin, Ansprechpartnerin, Orientierungshilfe
Dass immer eine Betreuungsperson mit sozialpädagogischer Ausbildung anwesend ist, wenn der Treff geöffnet hat, war nicht nur Harry Sommer wichtig, sondern auch den Kids, die sich im Arbeitskreis Jugendtreff engagiert haben. Der AK – ebenso wie die Idee, dem Jugendtreff wieder neues Leben einzuhauchen – entstand bereits im März diesen Jahres im Rahmen des Jugendforums in der Schönbuchhalle (siehe Hintergrund). „Wer hätte gedacht, dass wir sieben Monate später dieses Ergebnis vorweisen können“, staunte Bürgermeister Matthias Schöck nicht schlecht über das Ergebnis – auch wenn Sohnemann Fabian, der bei den Umbauarbeiten fleißig mitangepackt hatte, seinen Papa sicherlich regelmäßig über den Fortschritt des Projekts auf dem Laufenden gehalten hat.
Den Schultes-Nachwuchs rekrutiert hatte die elfjährige Finja, die sich seit dem Jugendforum für verschiedene Projekte einsetzt. „Er hat schließlich einen kurzen Draht zum Bürgermeister“, sagt sie und lacht. Dass die Hausemer Kids jetzt wieder einen Ort haben, an dem sie zusammenkommen und unter sich sein können, finden beide „richtig cool“. „Wir haben hier viel Herzblut reingesteckt“, sagt Finja. Für manchen Erwachsenen ebenso erstaunlich dürfte die Tatsache sein, dass sich viele der beteiligten Jugendlichen dafür eingesetzt haben, dass im neuen Jugendtreff kein freies W-Lan-Netz eingerichtet wird. „Wenn es das hier geben würde, säßen alle nur vor ihren Handys. Mich nervt das total, weil man dann gar nichts mehr wirklich mit den Freunden unternimmt“, betont Finja, die auf einen guten Zusammenhalt zwischen den Treff-Besuchern hofft: „Wenn jemand zum Beispiel alleine in einer Ecke sitzt, würde ich mir wünschen, dass die anderen offen auf denjenigen zugehen und ihn integrieren.“
„Mit der heutigen Eröffnung haben wir einen guten Startschuss hingelegt“, resümierte Bürgermeister Schöck treffend und deutete damit bereits an, dass der Jugendtreff sein Angebot künftig noch ausbauen könnte. Beispielsweise in Form von Motto-Partys, Bastel-Aktionen oder einem gemeinsamem Pizza-Nachmittag. „Wenn Bedarf da ist, könnten wir auch zusätzliche Öffnungszeiten anbieten“, wirft Harry Sommer einen vorsichtigen Blick in die Glaskugel, betont dabei jedoch, dass der Jugendtreff nicht in Konkurrenz zu den bestehenden Angeboten der Vereine treten möchte.
Sponsor für neuen Kickertisch händeringend gesucht
Eine rosige Zukunft also für die Jugendlichen, für die bislang nur ein Wunsch offen geblieben ist. Der zeigt sich im Raum nebenan: Hier lassen einige Kids am Kickertisch unter lautem Klappern hölzerne Miniatur-Fußballer in schwindelerregender Geschwindigkeit Salti schlagen, um den winzigen Ball im Tor zu versenken. „Der Tisch stammt aus dem Altbestand und ist ziemlich in die Jahre gekommen“, verrät Annabelle Breuninger. „Vielleicht findet sich ja noch ein Sponsor, der ihn gegen eine neuere Version austauscht.“ Denn der Bedarf ist da – das verdeutlicht die Warteschlange vor dem dem Relikt aus alten Konzäppt-Zeiten.
► Hier geht’s zum Kommentar von Sandra Schumacher
Um einen neuen Namen für den wiederbelebten Jugendtreff zu finden, hat am Eröffnungstag ein Wettbewerb stattgefunden. Eine Neu-Taufe erfolgt, sobald der Siegervorschlag in einem demokratischen Verfahren von den Jugendlichen ermittelt wurde. Hintergrund zum 4. Hausemer Jugendforum ■ Bereits im März diesen Jahres hatten Jugendreferent Harry Sommer und die Gemeinde Hildrizhausen zum 4. Jugendforum eingeladen, um den Hausemer Jugendlichen die Möglichkeit zur Beteiligung zu geben. 21 Jugendliche hatten die Veranstaltung besucht. |