Das Waldhaus hinterlässt Spuren. Als Leuchtturm in der Jugend-Sozialarbeit. Weithin sichtbar, nicht zu übersehen. Seit 60 Jahren. Seinen runden Geburtstag feierte das Waldhaus Hildrizhausen mit Lichtillumination, Feuerkünstlern, feierlicher Beleuchtung. Und mit echten Lichtgestalten – aus dem Sport.
Wenn Hans Artschwager (Zweiter von rechts), Präsident des Handballverbands Württemberg und Waldhaus-Geschäftsführer, ruft, kommen sie alle: Markus Baur, Lea Neubrander, Kathrin Blacha, und Moderator Joachim Zühlke (von links)
HILDRIZHAUSEN. Weil das Waldhaus immer in Bewegung geblieben ist, angetrieben von vielen Mitarbeitern, die aus dem Sport kommen, und weil hier wie in einer erfolgreichen Mannschaft ein ganz spezieller Spirit gelebt wird, sind zur Feier besondere Athleten eingeladen worden. Drei aus der Leichtathletik. Drei aus dem Handball.
Den Anfang machten Marie-Laurence Jungfleisch, seit fünf Jahren die beste Hochspringerin in Deutschland, Niko Kappel, Paralympics-Sieger im Kugelstoßen, und Leon Groh, eines der Top-Talente in der württembergischen Leichtathletik. Dank Moderator Joachim Zühlke und der Fragen von drei Jugendlichen aus dem Waldhaus, die sich in einem Medienprojekt auf den Abend speziell vorbereitet hatten, erfuhr das Publikum auch viele überraschende Dinge: Zwei-Meter-Springerin Marie-Laurence Jungfleisch liebt nicht nur die Aufmerksamkeit des Publikums, sondern auch Chips, Niko Kappel, der gerne mal einen Witz über seine Kleinwüchsigkeit macht, Kinderschokolade („wahrscheinlich liegt das an meiner Größe“), Leon Groh Chips und Kinderschokolade. „Manchmal esse ich aber auch Obst.“
Es ging allerdings nicht nur um die Ernährungsgewohnheiten der Athleten. Sondern natürlich auch um ihre sportlichen Ziele. Die WM-Vierte Jungfleisch will bei der Heim-EM nächsten August in Berlin endlich ihre erste internationale Medaille gewinnen, Kappel nach Paralympics-Gold 2016 in Rio und WM-Gold 2017 in London nun auch noch den EM-Titel 2018. Und Leon Groh? Peilt bei der U16-DM im kommenden Sommer im Neunkampf das Podium an, auch wenn er seine Zukunft nicht unbedingt im Mehrkampf sieht. Weil die zehnte Disziplin bei den Erwachsenen der 1500-Meter-Lauf ist. Diese Distanz ist ihm zu lange – er will sich deshalb eher auf den Sprint und den Weitsprung konzentrieren. Die drei Athleten gaben aber auch Einblicke in ihr Berufs- und Privatleben. Marie-Laurence Jungfleisch, die eine Ausbildung zur Erzieherin gemacht hat, ist seit vier Jahren Sportsoldatin und findet sogar Biwaks im Winter unterhaltsam – zumindest im Rückblick. Leon Groh hat noch Zeit, um manchmal ins Kino zu gehen (zuletzt in „Fack ju Göhte 3“). Und Niko Kappel, bisher 17 Stunden pro Woche bei der Volksbank Welzheim angestellt, wird sich ab Januar voll auf den Sport konzentrieren – abgesehen von seinem Engagement in der Kommunalpolitik. Der Kugelstoßer sitzt für die CDU im Gemeinderat, und er hofft, dass sich die prominenten Kollegen in Berlin doch noch ihrer Verantwortung besinnen: „Das Leben besteht aus Kompromissen – auch in der Politik.“
Der Freitagabend stand dann ganz im Zeichen des Handballs, eine Sportart die ebenso zum Waldhaus gehört, wie der Schönbuchrand, und dort eine lange Historie hat. Ex-Nationalspielerin Kathrin Blacha, U17-Europameisterin Lea Neubrander und Weltmeister Markus Baur (aktuell Trainer bei Bundesligist TVB Stuttgart) stellten sich in einem proppenvollen Festzelt den Fragen von Moderator Joachim Zühlke und zwei Jugendlichen aus den Waldhaus-Wohngruppen. Wenn der Präsident des Handballverbandes Württemberg, Hans Artschwager, gleichzeitig Waldhaus-Geschäftsführer, ruft, kommen sie alle, da hält sie auch kein Stau auf. Markus Baur war auf dem Weg nach Hildrizhausen so im Verkehr gestanden, dass er spontan in die S-Bahn umstieg, um es noch pünktlich zum Talk zu schaffen.
Markus Baur steigt in die S-Bahn um, um rechtzeitig da zu sein
Ob sich Handballer ab und zu auch eine kleine Sünde gönnen? „Ich bin mir sicher, dass auch Gebrauch von Chips und Schokolade gemacht wird“, schmunzelte Baur. Kathrin Blacha, 222-fache deutsche Nationalspielerin, erinnert sich noch gut an ihre aktive Karriere und vermisst den Sport bisweilen sehr, verfolgt die Geschehnisse aber genauestens. „Die Frauen sind in diesem Jahr mal wieder dran einen Erfolg zu feiern“, meinte sie im Hinblick auf den Start der WM im eigenen Land in wenigen Tagen. Lea Neubrander von der SG H2Ku Herrenberg konnte in diesem Jahr schon eine Goldmedaille mit der U17-Nationalmannschaft gewinnen und gab an, dass sie nicht nur eine Führungsrolle in der Halle innehat, sondern auch in der Wohngemeinschaft mit ihrer großen Schwester Sarah: „Ich bin einfach öfters zu Hause.“
Stars zum Anfassen und zwei kleine Sterne. An zwei Tagen wurden zwei Sportarten unter die Lupe genommen, die meist nicht in dieser Art im Rampenlicht stehen. Sympathische Athleten, jeder mit seiner eignen Geschichte. Doch eines haben sie alle gemeinsam: Sie sind echte Lichtgestalten ihres Sports.
Kreiszeitung 27.11.2017
Von Jochen Klingovsky und Vanessa Frey
http://www.krzbb.de/krz_56_111424552-13-_Lichtgestalten-lassen-das-Waldhaus-leuchten.html