Das Prinzip der Sozialraumorientierung gewinnt bei den Hilfen für Erziehung immer mehr an Bedeutung. Für die Heimerziehung bedeutet dies, sich stärker als bisher im Lebensort der Kinder und Jugendlichen zu vernetzen, dort Kooperationen zu suchen und Ressourcen zu finden.
Die fachliche Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe betont eine konsequente Orientierung am Bedarf von Kindern, Jugendlichen und ihren Eltern. Mit Blick auf ihre lokalen Gegebenheiten entwickeln und praktizieren die Stadt- und Landkreise verschiedene Formen der Zusammenarbeit. Diese unterscheiden sich vor allem bezüglich der Ausgestaltung von Erziehungshilfen, der Kooperation der verschiedenen Träger und in der Finanzierung. Wie unterschiedlich sich Sozialräume in der Praxis ausrichten, zeigen die folgenden zwei Beispiele aus dem Landkreis Böblingen und dem Bodensee-Kreis.
Waldhaus: umfangreich vernetzt
Eine intensive Netzwerk-Arbeit leistet zum Beispiel das Waldhaus in Hildrizhausen, eine sozialpädagogische Einrichtung der Jugendhilfe im Landkreis Böblingen mit eigenem Ausbildungsbetrieb, die sich um schwierige Jugendliche und straffällig gewordene junge Menschen und deren Familien kümmert. Vor rund 20 Jahren öffnete sich das Waldhaus stärker nach außen. Schon traditionell sind die Waldhaus-Jugendlichen auch beim Dorffest und beim Weihnachtsmarkt mit von der Partie, erleben den ganz normalen Alltag aus Leben und Arbeiten. Das Waldhaus arbeitet eng mit den Schönbuchgemeinden, sowie Behörden und Ämtern des Landkreises Böblingen zusammen. Ebenso bestehen enge Kooperationen mit Betrieben, Kammern und Handels- und Gewerbevereinen, um den betreuten Jugendlichen eine berufliche Perspektive zu eröffnen.
Im Bereich der Stationären Hilfen hat das Waldhaus einen Teil der Wohngruppen dezentralisiert und mit dem Eichenhof, dem Haus Johannes, der Wohngruppe Steingraben in Herrenberg und der Wohngruppe Uhlandstrasse Angebote vor Ort in Leonberg und Holzgerlingen geschaffen.
In der Gemeinde Hildrizhausen trägt der Jugendreferent, der lange Zeit ein Mitarbeiter des stationären Bereiches war, zur Integration der Heimjugendlichen und der Vernetzung zwischen stationären Hilfen und Jugendsozialarbeit im Dorf bei. Dies ist fest konzeptionell verankert. Das Gemeindejugendreferat bezieht die Jugendlichen der Stammeinrichtung eng in das Projekt „Jugendbeteiligung“ ein.
Erfreulich und wegweisend zeigt sich das Fami- lien- und Jugendhilfezentrum in Herrenberg.
Hier finden sich alle Hilfen unter einem Dach. Neben präventiven Angeboten sind stationäre, teilstationäre und ambulante Hilfen hier eng im Lebensumfeld der Jugendlichen verknüpft. Im Bereich Leonberg arbeiten die Mitarbeiter der dortigen Waldhauswohngruppen inten- siv mit den durch das Waldhaus angestellten gemeinwesenorientierten Schulsozialarbei- tern in unterschiedlichen Leonberger Schu- len zusammen. Kinder und Jugendliche der Wohngruppe beteiligen sich regelmäßig an Projekten des Jugendcafés Siesta. Das jährlich stattfindende Zirkusprojekt des teilstationären Angebots „Kids“ findet in der Stadt Leonberg große Beachtung.
Seit dem Jahr 2015 kann das Waldhaus sein gesamtes Netzwerk erfolgreich bei der Integration von unbegleiteten minderjährigen Ausländern nutzen. Insbesondere in der Stadt Holzgerlingen bewährt sich die enge Kooperation zwischen Wohngruppe, Gemeindejugendreferat, Schulsozialarbeit und dem offenen Jugendtreff.
Waldhausmitarbeiter engagieren sich darüber hinaus in kommunalpolitischen Gremien und Fachgremien des Landkreises, um auch auf diesen Ebenen die Belange der Jugendhilfe und der Einrichtung zu transportieren.
Ein Auszug aus dem KVJS SPEZIAL:
https://www.kvjs.de/fileadmin/publikationen/spezial/KVJS-Spezial-Heimerziehung-R9-Barrierefrei.pdf