HILDRIZHAUSEN. Die Jugendhilfe Waldhaus in Hildrizhausen feiert in diesem Jahr ihr 60-jähriges Bestehen. An diesem Donnerstag findet vor Ort im Café Fuchsbau um 19 Uhr die Veranstaltung „Radikal verstehen – Jugendliche im Spannungsfeld extremistischer Ideologien“ statt. Radikalisierung ist ein großer und im öffentlichen Diskurs oft verwendeter Begriff. Doch was heißt Radikalisierung überhaupt und warum radikalisieren sich zumeist junge Menschen? Die KREISZEITUNG hat sich im Vorfeld mit dem Referenten, Jens Ostwaldt vom Demokratie Zentrum Baden-Württemberg, unterhalten und das Themenspektrum abgeklopft. Anschließend wird es eine Podiumsdiskussion mit Experten aus dem Arbeitsfeld geben. Der Eintritt ist frei und für alle Interessierten offen.
Herr Ostwaldt, wie kommt es zu einer Radikalisierung?
In wenigen Worten ist das schwer zu erklären. Es ist ein vielschichtiges Phänomen, bei dem viele Einflüsse eine Rolle spielen. Die beiden viel diskutierten sind bei religiöser Radikalisierung natürlich auf der einen Seite die Religion und auf der anderen Seite gesellschaftliche Einflüsse. Vor allem letztere spielen nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen eine Rolle.
Aus welchen Gründen radikalisieren sich Jugendliche?
Meistens wenden sich Jugendliche der Radikalisierung zu, weil ihnen Halt fehlt. Sei es von der Familie oder von den Freunden. Aber auch einschneidende Erlebnisse, wie ein schlimmer Schicksalsschlag, können der Auslöser sein. Durch das Fehlen eines Ansprechpartners wenden sie sich zunehmend von ihrem jetzigen Leben ab. Diskriminierung ist natürlich auch ein Grund. Irgendwann fangen diese Jugendlichen an, das Gesellschaftsverständnis zu hinterfragen.
Aber was macht dann gerade extremistische Ideologien für Jugendliche interessant?
Sie werden empfänglich für die strikte Unterscheidung von Gut und Böse mit einem klaren Feindbild. Einer der wichtigsten Punkte ist aber, dass ihnen von nun an feste Regeln vorgegeben werden. Das ist besonders für junge Menschen attraktiv. Ihnen hat bisher der Halt gefehlt, und eine Vorgabe gibt ihnen neuen Sinn für’s Leben.
Was kann man gegen Radikalisierung tun? Wie kann man helfen?
Präventionsarbeit ist wichtig. Also das heißt, man arbeitet daran, die Fähigkeiten der Jugendlichen und die Identifikation zu stärken. Man muss diesen Jugendlichen eine Perspektive geben. Da gibt es letztlich viele Parallelen zu der Arbeit als Streetworker oder Sozialarbeiter. Diese verfolgen auch das Ziel, Jugendlichen einen Platz in der Gesellschaft zu vermitteln. Außerdem ist es wichtig zu wissen, warum sich Menschen radikalisieren, ihre Gründe verstehen. Es ist wichtig zu erkennen wann es so weit ist. Wann der Jugendliche anfängt, sich von der Gesellschaft hier abzuwenden. Also ist Aufklärung in diesem Thema essentiell.
Artikel vom 27. September 2017 –
Von Sabrina Christmann, Kreiszeitung Böblinger Bote
http://www.krzbb.de/krz_52_111393000-13-_Wie-Jugendliche-in-die-Faenge–radikaler-Scharfmacher-geraten-koennen.html