In Deckenpfronn wurde am vergangenen Montag ein neues Angebot für Mädchen und junge Frauen in akuten Krisensituationen eröffnet. Die Waldhaus gGmbH betreibt dort im Auftrag des Landkreises ab sofort eine speziell auf weibliche Jugendliche ab 12 Jahren bis längstens zum 18. Geburtstag ausgerichtete Inobhutnahmegruppe im Gebäude der bestehenden Wohngruppe „Eichenhof“.
In enger Kooperation mit dem Jugendamt des Landkreises Böblingen entstand innerhalb weniger Monate ein Schutzraum für bis zu sechs Mädchen – mit der Möglichkeit zur Überbelegung und einem zusätzlichen Zimmer für zum Beispiel weibliche Geschwister. Damit wird ein dringender Bedarf im Landkreis aufgegriffen, wie Jugendamtsleiter Harry Hennig betont: „Allein im Jahr 2024 haben wir 61 Mädchen in Obhut genommen. Die durchschnittliche Verweildauer lag bei 50 Tagen – da war schnell klar, dass wir weitere Kapazitäten brauchen.“
Gemeinsam mit Waldhaus-Geschäftsführer Philipp Löffler gab Hennig im Rahmen der Eröffnung Einblicke in die Entstehung der neuen Gruppe. „Wir sind sehr froh hier in Deckenpfronn einen guten und sicheren Ort gefunden zu haben, um diese Hilfen optimal umzusetzen und den Mädchen und jungen Frauen gerecht werden zu können“, unterstreicht der Jugendamtsleiter. Das Gebäude, vormals unter dem Träger „Verein für Jugendhilfe“ als „Distel“ bekannt, wird heute von Mevesta e.V. vermietet. Das Waldhaus nutzt dort nun neben der Wohngruppe Eichenhof auch das Obergeschoss für die neue Inobhutnahmegruppe. „Die Arbeit in einer solchen Gruppe ist hochkomplex und erfordert viel Fachwissen, Empathie und Flexibilität“, so Löffler. „Wir sind sehr glücklich, dass wir ein engagiertes Team gefunden haben und danken insbesondere Mevesta e.V. für die Bereitstellung der Räumlichkeiten sowie unserer Bereichsleitung der stationären Hilfen für die zügige und professionelle Umsetzung.“
Damaris Krehl-Hennigs, die als Teamleitung in Zusammenarbeit mit der Inobhutnahme-Koordinatorin Daniela Bosch die Umsetzung vor Ort verantwortet, beschreibt das Ziel der Gruppe so: „Wir möchten, dass die Mädchen hier einen Ort erleben, an dem sie mit Respekt behandelt werden – mit viel Verständnis, aber auch mit der nötigen Klarheit, die Sicherheit schafft.“ Unter der Federführung von Daniela Bosch betreibt das Waldhaus bereits seit fünf Jahren eine Inobhutnahme-Gruppe für Jungen auf dem Stammgelände in Hildrizhausen. Dies stellte eine gute Basis für diese Neukonzeptionierung dar. Cordula Breining, stellvertretende Bereichsleitung stationärer Hilfen, freut sich ebenfalls über die Erweiterung: „Neben der bestehenden Wohngruppe im ersten Stock ist das nun ein weiterer Schritt, jungen Menschen in schwierigen Lebenslagen Halt zu geben.“
Mit der neuen Inobhutnahmegruppe stärkt der Landkreis sein Unterstützungsnetzwerk für junge Menschen in Not – ein wichtiger Schritt für mehr Schutz, Stabilität und Perspektive.
Infokasten: Inobhutnahme nach dem SGB VIII
Eine Inobhutnahme ist eine kurzfristige Schutzmaßnahme des Jugendamtes nach § 42 SGB VIII. Sie erfolgt, wenn ein Kind oder Jugendlicher sich in einer akuten Krise befindet, etwa durch Gefährdung zu Hause, Misshandlung, Vernachlässigung oder eigene Notlagen. Das Jugendamt bringt die betroffene Person vorübergehend an einem sicheren Ort unter – etwa in einer Inobhutnahmestelle, einem Heim oder bei geeigneten Pflegepersonen – und klärt in dieser Zeit gemeinsam mit dem Kind und ggf. den Eltern die weitere Perspektive.


