Jahresrückblick stationäre Hilfen

KEIN BOCK AUF LANGEWEILE?

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Rückblick auf meine Zeit im Waldhaus

Waldhaus-Interview mit Yunuscan, einem Jugendlichen in der Verselbstständigungsgruppe des Waldhauses.
– Die Fragen stellte Michael Weinmann (Bereichsleiter Stationäre Hilfen).

Yunuscan wie alt bist du?

Yunuscan: Ich werde im März 21 Jahre alt.

Seit wann bist du im Waldhaus?

Yunuscan: Seit dem 9. September 2018, also seit fünfeinhalb Jahren.

Wie war dein Start im Waldhaus?

Yunuscan: Nicht leicht. Es war eigentlich alles neu für mich. – Mit Jugendlichen zu wohnen, die ich vorher nicht kannte, das war nicht einfach. Ich habe meine Familie vermisst. Ich habe mich zunächst nicht mit den Jugendlichen verstanden. Ich musste erst checken, wie die anderen, vor allem die älteren Jugendlichen, ticken.

In welchen Wohngruppen hast du im Waldhaus gelebt?

Yunuscan: Zuerst in der Intensivgruppe auf dem Stammgelände des Waldhauses. Dann in der dortigen Regelgruppe und seit eineinhalb Jahren wohne ich in der Verselbstständigungsgruppe in Herrenberg.

Wer hat dich besonders unterstützt?

Yunuscan: Meine Bezugsbetreuer Max und Chrissi, die haben mich vor allem in schulischen Dingen unterstützt und auch nachher bei der Ausbildung. Ohne die Betreuer wäre ich nie so weit gekommen, wie ich jetzt bin. Außerdem hat mich noch ein Freund aus der Wohngruppe unterstützt. – Meine jetzigen Betreuer Lisa und Güven unterstützen mich aktuell bei der Wohnungssuche und der Planung meiner Finanzen.

Was hättest du dir noch gewünscht?

Yunuscan: Bei Sanktionen durch die Betreuer hätte ich mir gewünscht, dass man mehr mit mir darüber redet. Aber jetzt in der Verselbstständigungsgruppe ist das gut.

Was war das Besondere bei der Ausbildung in den Waldhaus-Werkstätten?

Yunuscan: Ich habe das Arbeitsfeld „Metall“ kennengelernt und gelernt, acht Stunden täglich zu arbeiten. Meine Ausbilder und Meister in der Werkstatt waren immer für mich da. Sie haben mir zunächst ein Praktikum und danach eine Arbeitsstelle bei der Firma Neff in Weil im Schönbuch vermittelt.

Was sind deine Ziele nach der Jugendhilfe?

Yunuscan: Ich habe eine eigene Wohnung am Ort meines Arbeitsplatzes in Aussicht. Ich kann bei der Firma Neff weiterarbeiten. In der Freizeit treffe ich mich mit Freunden, gehe ins Fitnessstudio und spiele Fußball. Mir macht es Spaß, bei der Firma Neff zu arbeiten.

Was würdest du anderen Jugendlichen raten?

Yunuscan: Die Jugendlichen sollten erkennen, dass die Betreuer ihnen weiterhelfen, auch wenn es mal Stress gibt. Sie können gemeinsam mit den Betreuern ihre Ziele erarbeiten. Sie sollen die Chance, die ihnen die Jugendhilfe gibt, nutzen!

Was hat sich für dich in deiner Zeit im Waldhaus verändert?

Yunuscan: Ich habe mein Verhalten verändert. Früher wurde ich bei Kleinigkeiten extrem aggressiv. Ich bin schnell hochgegangen. Jetzt denke ich, warum mache ich mir unnötigen Stress? Ich habe gemerkt, dass es gar nicht so wichtig ist, den „Macker“ zu spielen. Da haben mir die Betreuer geholfen.

Möchtest du zum Schluss noch etwas sagen?

Yunuscan: Ich möchte mich bei allen Mitarbeitern des Waldhauses, den Betreuern und Ausbildern, bei der Verwaltung, den Hausmeistern und der Hauswirtschaft bedanken, die mir alle gemeinsam geholfen haben, dass ich auf den richtigen Weg kam.

Freizeiten früher und heute

Haus Johannes | Ein Wortwechsel der Generationen

Barbara („Babyboomer“) fragt und die Vertreter:innen der Generation Z (17 Jahre) und der Generation X (55 Jahre) antworten …

Das Haus Johannes ist eine Wohngruppe des Waldhauses in Leonberg-Warmbronn. Das Haus bietet Platz für acht Kinder und Jugendliche im Alter zwischen sechs und 21 Jahren, dazu kommen noch zwei Verselbstständigungsplätze und ein Inobhutnahmeplatz. Viele der Kinder und Jugendlichen werden dort bis zur Verselbstständigung unterstützt, weshalb eines der wichtigsten Ziele „Beheimatung“ ist. Eine aktuelle WG-Bewohnerin und ein ehemaliger WG-Bewohner, der dort vor etwa 40 Jahren gelebt hatte, berichten von ihren Erfahrungen, Teamleiterin Barbara stellte die Fragen.

Barbara: Wie lange wart ihr im Waldhaus bzw. im Haus Johannes und wie war der Start in der Wohngruppe?

GenZ: Ich lebe seit 5,5 Jahren im Haus Johannes. Mein Beginn war entspannt. Die Gruppe hat mich gut aufgenommen. Ich kann mich erinnern, dass ich mit meiner Mutter im Zimmer den Koffer ausgepackt habe. Ich war glücklich. Ich hatte lange auf den Wohnplatz in der WG gewartet, bis er endlich frei war.

GenX: Ich habe insgesamt etwa 14 Jahre im Haus in der WG verbracht, davon zwei bis drei Jahre in der Tagesgruppe. In der Geschichte des Hauses bin ich derjenige, der am längsten in der WG lebte. Das ist schon so lange her. – Ich erinnere mich noch, dass ich sehr bald Kontakt zu den anderen Jugendlichen hatte, wir haben zusammen viel Fußball gespielt. Zu Hause hatte ich dagegen eher wenig Kontakte zu anderen Kindern. In der Stadt gab es nur wenige Grünflächen zum Spielen.

Barbara: Was hat euch besonders unterstützt und wie ist bzw. war eure Erfahrung mit den Betreuer:innen?

GenZ: Die anderen Kids in der WG haben mir viel gezeigt und sie haben mich in ihrer Mitte aufgenommen. Die Betreuer:innen haben mir viel geholfen. Sie haben mir gesagt und erklärt, wie man Dinge und Schwierigkeiten leichter angehen kann, wie man besser durchs Leben kommt. Meine Erfahrungen mit der Betreuung im Haus waren und sie sind gut. Am Anfang war das alles schwierig, weil ich es nicht gewohnt war, so viele Betreuung zu haben. Eigentlich waren es zu viele Ansprechpartner, zu den Betreuer:innen in der WG kamen noch das „Therapie-Modul“ und die Leute in der Schule dazu. Es gab auch schwere Zeiten, aber jetzt im Rückblick habe ich gemerkt, wie mir geholfen wurde.

GenX: Besonders wurde ich in schulischen Angelegenheiten unterstützt. Ein Betreuer half immer bei den Hausaugaben, lernte mit mir auf Klassenarbeiten. Alleine konnte ich die Schulaufgaben nicht bewältigen. Meine Mutter konnte mir nicht helfen. Die Unterstützung und das Engagement meiner Ärztin und der Heimeltern haben mir sehr geholfen. Vor allem über die eigentlichen Aufgaben hinaus.

Es gab immer wieder schwierige Situationen zwischen mir und den Betreuern. Es gab Streit und Unstimmigkeiten, aber es gab jeweils eine Klärung und eine Lösung. Als ich älter war und damals eigentlich schon zu alt für die Wohngruppe, gab‘s zunehmend große Konflikte mit dem Hausvater. Im Nachhinein und mit Abstand betrachtet war die Zeit in der WG aber gut und wichtig für mich.

Wenn ich die Zeit im Haus Johannes nicht gehabt hätte, wäre ich heute nicht da, wo ich jetzt stehe: mit einer Berufsausbildung (Fachwerker), einem Beruf bis zum Gesellen, einem eigenen Leben und einer eigenen Wohnung. Ich habe durch die Wohngruppe, durch meine Mutter und durch meine Nenn-Oma eine gute Basis für mein Leben bekommen.

Barbara: Was hättet ihr euch noch gewünscht und was hat es euch in der Zeit schwer gemacht?

GenZ: Es war alles gut. – Ich habe eigentlich nichts mehr gewünscht. Manchmal vielleicht, dass es nicht so streng ist. Ich hätte mir auch gewünscht, dass die Betreuenden einem nicht alles abnehmen an Entscheidungen, nicht so viele Hilfen anbieten. Später war es schwer, das alles selbst zu machen, weil ich es gewohnt war, alles abgenommen zu bekommen. – Es war schwierig hier anzukommen. Aber als ich mich aufgenommen fühlte, ging es dann schnell gut. Schwer waren die Regeln für mich, da ich vorher wenig Regeln hatte.

GenX: Da ich sehr lange in der Wohngruppe lebte, gab es vor allem später, als ich älter war, viele Meinungsverschiedenheiten. Ich wollte eigene Entscheidungen treffen, die Regeln waren mir dann zu eng.

Barbara: Was sind oder waren eure Ziele fürs Leben nach der Jugendhilfe und was würdet ihr anderen Jugendlichen raten?

GenZ: Meine Ziele sind eine Verselbständigungsgruppe, dann eine Ausbildung und eine eigene Wohnung. Ich möchte auf eigenen Füßen stehen und nicht von den Eltern abhängig sein.

Ich würde allen raten, die Regeln zu befolgen, auch wenn es hart und manchmal schwierig ist. Die Ratschläge der Betreuer sollte man annehmen, zumindest zum größten Teil. Aber manche Entscheidungen sollte man auch selbst treffen können.

GenX: Nach meiner Zeit in der Jugendhilfe bin ich zunächst in den Haushalt meiner Mutter gezogen. Von dort aus habe ich meine letzten Wochen von der Vollausbildung gemacht. Ich habe dann eine Stelle in meinem Beruf als Schreiner gefunden. Später arbeitete ich bei der Stadt Stuttgart, ich war Vorarbeiter bei Langzeitarbeitslosen. Ich hatte dann noch Arbeitsstellen bei verschiedenen Firmen. In meiner jetzigen Arbeitsstelle arbeite ich seit zwölf Jahren (berufsfremd).

Ich würde euch raten: Nehmt die Hilfen an, die ihr bekommen könnt! – Sucht die Hilfen und Tipps, die ihr für euch nutzen wollt. Ab einem gewissen Alter muss jeder selbst wissen, was für einen selbst wichtig ist oder nicht.

Barbara: Was hat sich während der Zeit im Waldhaus für euch verändert? – Was sind die Unterschiede zwischen früher und heute?

GenZ: Ich bin erwachsener geworden, ich habe viele Sachen gelernt, die ich noch nicht wusste. Ich kann jetzt Entscheidungen treffen. Im Gegensatz zu früher haben sich viele Regeln gelockert, teilweise wegen meines Alters. Bei neuen Jugendlichen sind die Regeln dann von Anfang an lockerer gewesen bzw. sie wurden schneller gelockert.

GenX: Ich bin hier in der Wohngruppe erwachsen geworden, weiter gereift bin dann auch noch in den nachfolgenden Jahren. Die Regeln haben sich im Lauf der Zeit gelockert, etwa bei den Fernsehzeiten, Fußballzeiten etc. …

Barbara: Wie konnte man denn früher den Kontakt zu Freunden und Verwandten halten ohne Handy? Und gab es damals schon Einzelzimmer?

GenZ: Ich hatte schon immer ein Handy, zu meiner Zeit gab es immer Handys. In Zeiten ohne Handy habe ich den Kontakt mit dem Festnetztelefon der Gruppe gehalten. Und es gab immer Einzelzimmer.

GenX: Früher hat man über das Festnetztelefon und über das Telefon in einer Telefonzelle Kontakt zu Freunden und Familie gehalten. Damals gab es Einzel- und Doppelzimmer, ich war in beidem.