Volle Konzentration: Beim Wettrennen über den Parcours in der großen Halle zählt jede Sekunde
Spielen, sporteln und dies und das für’s Leben lernen: Unter diesem Motto steht das Sport- und Freizeitcamp des Jugend- referats Weil im Schönbuch. Auch bei der fünften Auflage warten Sozialarbeiterin Mahendra Scharf und ihr achtköpfiges Betreuerteam wieder mit einigen spannenden Programmpunkten auf.
Artikel vom 26. August 2019
Von Sandra Schumacher, Kreiszeitung Böblinger Bote
WEIL IM SCHÖNBUCH. Schon von weitem ist am Donnerstagmorgen lautes Kinderlachen rund um das Weiler Sportzentrum zu hören. Hin und wieder ertönt ein freudiges Quietschen, in seltenen Fällen ein lautes „Achtung“. In diesem Fall ist ein gekonnter Hechtsprung hinter eine der schützenden Hecken angebracht – oder zumindest ein blitzschnelles Wegducken. Denn nicht selten signalisiert der ausgerufene Warnhinweis das unmittelbare Herannahen eines bunt gestreiften Balls in Größe einer Wassermelone. „Schuldiguuuung“, ruft es aus der Menge der 40 Kids, die am zweiwöchigen Sport- und Freizeitcamp des Weilemer Jugendreferats teilnehmen und gerade ausgelassen vor der Sporthalle herumtoben. Kein Problem, der Kopf ist schließlich noch dran.
Vormittags geht es ums Austoben, nachmittags geht es kreativer zu
„Nach einem Morgenritual und einem gemeinsamen Frühstück haben die Kinder immer noch Zeit zum Spielen“, erklärt Sozialarbeiterin Mahendra Scharf, die im Jugendreferat für die offene Jugendarbeit zuständig ist. Danach beginnt das eigentliche Programm, das zumeist aus einem sportlichen Vormittag und unterschiedlichen Workshops am Nachmittag besteht, bei denen die Kids zum Beispiel Blumentöpfe bemalen und bepflanzen, Armbänder knüpfen oder Seife eigenständig herstellen. „Vormittags geht es darum, dass die Jugendlichen sich austoben können, aber auch darum, dass sie Teams bilden und bei den Spielen gewinnen und verlieren lernen“, sagt Mahendra Scharf. „Nachmittags geht es immer etwas kreativer zu und die Kinder dürfen selbst entscheiden, was sie machen und wie lange sie es tun.“ Die Selbstbestimmung steht dabei im Vordergrund. „Heute ist der Alltag junger Menschen stark durchgetaktet, da bleibt nur wenig Platz für eigene Entscheidungen“, meint die Sozialarbeiterin. Deswegen sei es in der Freizeit umso wichtiger, dass die Kleinen lernen, auch mal eine Pause einzulegen, in sich hineinzuhören und zu erfühlen, wie es ihnen gerade geht und was sie eigentlich wollen.
Bei den zehn- bis 14-jährigen Camp-Teilnehmern fällt die Antwort auf diese Frage heute Morgen einstimmig aus: Ein Wettrennen über einen Hindernisparcours ist angesagt. Während die Jugendlichen sich in die Umkleidekabinen begeben, schieben der 18-jährige Basti und der 17-jährige Joshua Bänke und Kästen umher, lösen die Ringe aus der Deckenhalterung und stellen schon einmal diverse bunte Hütchen auf. Die beiden Jungs sind zwei der insgesamt acht ehrenamtlichen Helfer, die Mahendra Scharf bei der Organisation und Durchführung unterstützen.
„Die meisten Helfer waren früher selbst Camp-Teilnehmer. Wenn sie 15 Jahre alt sind, dürfen sie Betreuer werden“, sagt Mahendra Scharf, während sie stolz die Aufbauarbeiten in der Halle aus der Ferne beobachtet. „Alle sind mit Engagement und Herzblut dabei. Aber Basti und Joshua übernehmen viel Verantwortung und bringen immer neue Ideen ein“, schwärmt sie und fügt grinsend hinzu: „Sie haben über das ganze Jahr einen Timer auf dem Handy laufen, der anzeigt, wie viele Tage und Stunden es noch bis zum nächsten Camp dauert. Die Jungs leben einfach dafür.“
Mit Begeisterung und Herzblut dabei
Eine Begeisterung, die häufig über einen langen Zeitraum erhalten bleibt. „Ich bin zum dritten oder vierten Mal dabei“, erzählt Basti, den vor allem die Langeweile in den Ferien dazu bewogen hat, sich hier zu engagieren. „Wenn man immer im Freibad herumliegt, bekommt man nur einen Sonnenbrand, da mach‘ ich lieber sowas“, sagt der 18-Jährige, der auch eine Jugendgruppe bei der Turnabteilung der SpVgg Weil im Schönbuch betreut, mit einem Augenzwinkern. Was das Besondere am Weilemer Camp ist? „Wir lachen viel, haben jede Menge Spaß und verbringen zusammen einfach eine gute Zeit.“
Mit dieser Ansicht steht er nicht allein da. Kaum ist das Startsignal gegeben, breitet sich ein leuchtendes Grinsen auf den Gesichtern der Kids aus. In Windeseile klettern sie über Kästen, krabbeln unter gespannten Seilen hindurch, laufen Slalom um kunterbunte Stangen herum und hangeln sich mit reiner Muskelkraft an einem Balken entlang. Puh, ganz schön anstrengend. Aber egal. Kurz verschnaufen. Und ab geht’s in die nächste Runde.
Das Feriencamp hat für jeden etwas parat
„Das Programm beim Feriencamp ist total abwechslungsreich, da ist für jeden etwas dabei“, erzählt Teilnehmer Johannes begeistert. Erst am Vortag hat er seinen 14. Geburtstag gefeiert und gemeinsam mit seiner Mutter zwei Bleche Kuchen gebacken. „Die teile ich nachher mit allen“, verrät Johannes, der schon seit der ersten Camp-Auflage mit am Start ist. Im nächsten Jahr möchte er als Betreuer mitwirken. „Ich kann gut mit Kindern umgehen“, sagt er. „Früher war ich selbst so etwas wie ein Problemkind, daher kann ich mich gut in Leute reindenken, denen es heute vielleicht ähnlich geht. Und dann will ich ihnen vermitteln, dass es hier echt Spaß macht.“
Was ihm nicht schwerfallen dürfte, denn das freudige Geschrei, das die gesamte Halle erfüllt, spricht für sich. Nur ein paar Schritte vom Parcours entfernt, befindet sich die Kletterhalle. Hier wärmen sich gerade die jüngeren Camp-Teilnehmer auf, für die es heute hoch hinaus geht: Sie sollen die sieben Meter hohe Wand erklimmen, die mit bunten, unterschiedlich geformten Aufstiegshilfen bestückt ist. Immer mit wachsamen Augen an ihrer Seite: Klettertrainerin und Jungend-Sozialarbeiterin Simone Blech.
Nervenflattern an der Kletterwand
„Für viele der Kinder ist es das erste Mal an der Wand“, verrät sie. Kein Wunder also, dass bei dem einen oder anderen Mini-Bergsteiger ein wenig die Nerven flattern. „Etwa die Hälfte der Kids glaubt vorher nicht daran, wirklich oben anzukommen. Am Ende schaffen sie es dann aber doch. Und nicht, weil ich sie am anderen Ende des Seils hochziehe, sondern aus eigener Kraft“, betont Simone Blech. „Für die Kinder ist es eine tolle Erfahrung, wenn sie feststellen, dass sie mehr können, als sie sich selbst zugetraut hätten.“ Das stärke zum einen das Vertrauen in sich selbst, zum anderen aber auch in die Betreuer und die anderen Gruppenmitglieder, die schließlich für die Absicherung sorgen.
Und nicht zuletzt sorgt das Klettern für jede Menge Spaß, meint auch die siebenjährige Lea, die schon zum zweiten Mal beim Sport- und Freizeitcamp dabei ist. „Ich find’s cool, dass wir hier so viel Sport und richtig tolle Spiele machen“, sagt das Mädchen, das das Klettern als einen der Höhepunkte in diesem Jahr ausgemacht hat – allerdings erst, nachdem es ein paar Sekunden darüber nachgedacht hat. Bei so vielen unterschiedlichen Angeboten fällt es eben schwer, seinen Favoriten zu küren.
Am Ende gibt es eine große Abschlussparty im Jugendhaus Neon
Eine Wanderung mit anschließendem Outdoor-Grillen, einen Tag im Freibad, eine Pyjama-Party inklusive Übernachtung in der Sporthalle und Nachtwanderung liegen nach der ersten Woche unter anderem schon hinter den kleinen, daheim gebliebenen Urlaubern. Und auch in der zweiten Woche stehen noch viele Programmpunkte auf der To-Do-Liste von Mahendra Scharf und ihrem Team. Das Sahnehäubchen bildet am Ende eine große Abschlussparty im Jugendhaus Neon, zu der auch die Eltern der kleinen Abenteurer eingeladen sind. Und dann heißt es für die kreativen Organisatoren wieder Köpfe zusammenstecken, damit auch im kommenden Jahr in der vierten und fünften Ferienwoche lautes Lachen und fröhliches Quietschen durch die Straßen von Weil im Schönbuch hallt, während bunt gestreifte Bälle umherfliegen und das Weiler Sportzentrum in ein Weiler Spaßzentrum verwandeln.