„Gemeinsam geht es besser …“
Kurz nach der ersten Präsentation als Modellvorhaben zur Weiterentwicklung der Jugendhilfe bei einer landesweiten Fachgruppensitzung „Hilfen zur Erziehung“ des Paritätischen Wohlfahrtverbands im März 2010 nahm das trägerübergreifende Praxisprojekt „Gemischtes Doppel – Jugendhilfe und Schule“ in den drei Folgejahren mächtig Fahrt auf. Eines der drei geförderten Beispielprojekte des „Gemischten Doppels“ liegt im Kreis Böblingen, in der Gemeinde Weil im Schönbuch. Dort entwickelte sich im Rahmen des Modellprojektes die gute Zusammenarbeit zwischen der Jugendhilfe des Waldhauses und der zwischenzeitlich zur Gemeinschaftsschule umgeformten Werkrealschule mit Riesenschritten zu einem Experimentierfeld in Sachen „sozialer Ganztagesbetreuung“.
Das kommunale Jugendreferat und die Schulsozialarbeiterin waren von Anfang an mit im Boot, als sich der Schulstandort auf den Weg machte, um sich von einem „Lernort“ für den halben Tag in einen attraktiven „Lebensraum“ mit einem gut strukturierten Ganztagesangebot zu verwandeln. Das neue Schülercafé übernahm dabei als „Drehscheibe“ zwischen Schule, Ganztagesbetreuung, Schulsozialarbeit, Jugendhaus, kommunaler Jugendarbeit und den verschiedenen außerschulischen Aktivitäten vom Start weg eine zentrale Funktion.
Rückblende: Als innerhalb der Gemeindegremien grundsätzlich geklärt war, dass sich die Werkrealschule in der 10.000-Einwohner-Gemeinde Weil im Schönbuch zu einer Ganztagesschule und im nächsten Schritt zu einer Gemeinschaftsschule entwickeln sollte, wurde mit den bereits vorhandenen Einrichtungen der Jugendsozialarbeit, der Gemeinde und der Schule zunächst gemeinsam ein integratives Konzept für die Ganztagesbetreuung erstellt. Das Jugendreferat der Gemeinde, die Schulsozialarbeit, das Jugendhaus „Neon“ und die Ganztagesbetreuung arbeiteten Hand in Hand, damit an der Schule ein zunächst offenes und mit dem Start der Gemeinschaftsschule im Jahr 2013 ein ab Klasse 5 gebundenes Ganztagesangebot mit täglichem Mittagessen aufgebaut werden konnte.
Die Ganztagesbetreuung startete nach einer „Schnupperphase“ ab September 2011 mit Beginn des zweiten Schulhalbjahrs 2011/12 „offiziell“. Zunächst war sie auf das Zeitfenster zwischen 12.05 und 14.00 Uhr an drei Tagen (MO, DI, DO) und einem außerschulischen Angebot am Mittwoch (bis 15.30 Uhr) begrenzt. Im Schuljahr 2012/13 wurde dann das gut nachgefragte Schülercafé weiter ausgebaut. Inzwischen hatten sich Ganztagesbetreuung und Schulsozialarbeit einen festen Platz innerhalb der Schulgemeinschaft erarbeitet. Der Antrag zur Einstufung als „Gemeinschaftsschule“ wurde in enger Abstimmung zwischen Schule und Ganztagesbetreuung erarbeitet.
Das Schuljahr 2013/14 beginnt in Weil im Schönbuch ab September bereits mit der frisch genehmigten Gemeinschaftsschule ab Klassenstufe 5. Das Ganztagesangebot wird parallel dazu entsprechend ausgebaut: Der Schulbetrieb findet als teilgebundene Ganztagesschule (MO, DI, DO – Unterricht von 14.00 bis 15.30 Uhr) statt. Die Ganztagesbetreuung bietet an vier Tagen von 12.20 bis 17.00 Uhr und freitags von 12.20 bis 15.30 Uhr rund um das Schülercafé einen zeitlich gestaffelten „Mix“ aus Lernzeitbetreuung, Lernhilfen, Sport- und Bewegungsangeboten (Fußball, Klettern, Handball) sowie verschiedenen außerschulischen Modulen an. In das Ganztagesangebot sind aktuell neben der hauptamtlichen Leitung (Vollzeit) eine weitere Mitarbeiterin (12 Stunden) und drei bis fünf Jugendbegleiter sowie die Schulsozialarbeiterin eingebunden.
Marielle Blohm, Projektleiterin und Koordinatorin des Ganztagsangebots, erklärt das Erfolgsmodell innerhalb der Weiler Schule so: „Wir haben eine relativ hohe Akzeptanz, weil wir die Freizeit- und Lernmodule gemeinsam mit den Kindern und Jugendlichen erarbeiten. Dabei spielt die Flexibilität und die große Vielfalt der Angebote eine ganz wichtige Rolle. Die vielseitigen Talente der Schülerinnen und Schüler sollen möglichst umfassend gefördert werden: Kochen, Basteln, Tanzen, Trickfilm, Ballspiele, Klettern, Turnen oder Spielen – all das steht bei uns auf dem Programm. Die Angebotsbausteine innerhalb der Nachmittagsbetreuung sind dabei zeitlich parallel angeordnet, um den Kindern einen ‚rhythmisierten Nachmittag’ für ihre Aktivitäten zu ermöglichen.“
Zukünftig soll die Zusammenarbeit mit den örtlichen Vereinen noch stärker intensiviert werden, unter anderem ist ein „Live-Kinetik-Projekt“ zusammen mit der HSG Schönbuch in Planung, als offenes gemeinsames Bewegungsangebot für Schulkinder und für Vereinskinder. Der „Lebensraum Schule“ entwickelt und vernetzt sich also dynamisch weiter.
Von Seiten des Bürgermeisters, Wolfgang Lahl, war die konsequente Marschrichtung in Richtung professioneller Trägerschaft des Betreuungsangebots im Rahmen der Ganztagesschule immer die wichtigste Voraussetzung für das Gelingen des Projekts: „Wir können doch nicht immer von einer Stärkung der Bildung reden und dann die Ganztagesschule ins Ehrenamt verlagern. Unser Konzept war klar, wir wollten mit dem Partner Waldhaus ausgebildete Fachkräfte mit dem Management und der Umsetzung der Ganztagesschule betrauen und zusätzlich ehrenamtlich Engagierte aus den Vereinen und Kirchen mit ins Boot holen.“
Innerhalb der Schulleitung wurde diese Sichtweise von Anfang an geteilt, wie Stefan Walter, der Konrektor der damaligen Grund- und Werkrealschule, in einem Zeitungsinterview im Jahr 2012 ausführte: „Wir sind auf dem Weg, uns von einem Lernhaus zu einem stark vernetzten Lebenshaus zu entwickeln. Die Halbtagsschule, die sich im Wesentlichen auf Wissensvermittlung beschränkte, ist schon länger passé. Moderne Schulen gehen von einer ganzheitlichen, individuellen Förderung jedes einzelnen Schülers aus. Studien belegen, dass Schüler besonders in integrativen Ganztagesschulen ihre Potenziale am besten abrufen können. Dieses hohe Leistungsniveau ist unsere Messlatte. Entscheidend für das Gelingen ist auch die Professionalität des Angebots. Mit dem ‚gemischten Doppel’ ist eine ganztägige Förderung und Forderung durch erfahrene Profis sichergestellt. Damit haben wir in Weil ähnliche Voraussetzungen wie an finnischen Schulen, die bei den PISA-Studien immer hervorragend abschnitten. Eine bloße Nachmittagsbetreuung wie an manchen Schulen ist uns zu wenig. Ein Bildungsangebot hoher Qualität ist unser Anspruch. Die Investitionen des Schulträgers sind dabei gut angelegtes Geld für die Zukunft!“
Weiter Infos: http://jugendsozialarbeit-weil.de