Zum zweiten Mal lud der Jugend- gemeinderat Holzgerlingen gemeinsam mit Vertretern des W3 und des Jugendreferats in die Burg Kalteneck zum Jugend-Hearing ein. Das Event fand im Rahmen von „Jugend Bewegt“ statt und gibt den Jugendlichen die Chance, sich in die Politik miteinzubringen.
Jugendliche aus Holzgerlingen sammeln ihre Ideen beim Jugend-Hearing auf Flipcharts Foto: Stefanie Schlecht
Artikel vom 11. Oktober, Kreiszeitung Böblinger Bote
Von Tim Hanischdörfer
HOLZGERLINGEN. Geladen waren Jugendliche zwischen 14 und 27 Jahren, die in der Burg Kalteneck von vier Mitgliedern des Jugendgemeinderats (JGR) unter der Führung von Lea Salemi begrüßt wurden. Zu Beginn der des Jugend-Hearings hatten sich immerhin um die 15 Jugendliche eingefunden und sich im Raum verteilt. In die aufkommende lockere und harmonische Atmosphäre stimmte auch Bürgermeister Ioannis Delakos bei seinen Begrüßungs-Worten ein und kündigte eine „lockere und ganz offene Runde“ an.
Die Mitglieder des JGR hatten beim Aufbau keine Kosten und Mühen gescheut und neben einem Büffet auf drei Tischen große Flipcharts ausgelegt. Auf den Plakaten hatten die JGRler jeweils eine Frage notiert und damit thematische Anstöße gegeben: „Was würdest du als JGRler ändern?“, „Was nervt dich an Holzgerlingen? Was ist gut?“ und „Was müsste ein Jugendort für dich haben?“. Die Jugendlichen wurden dann in drei Kleingruppen eingeteilt, in denen sie unter Begleitung der Jugendgemeinderäte über die zu Grunde liegenden Fragen diskutieren und ihre Ideen sammeln konnten. Im Zehn-Minuten-Takt rotierten die Gruppen dann jeweils weiter zur nächsten Frage.
„Das ist der erste Teil unserer neuen „Worldcafé-Methode“, erklärte Lea Salemi. „Hier darf der Herr Bürgermeister noch gar nicht teilnehmen, er kommt erst im zweiten Teil, wenn wir im Plenum diskutieren, dazu. Also Herr Delakos, halten Sie sich zurück“, fügte sie schelmisch in Richtung von Holzgerlingens Schultes hinzu und sorgte damit für einige Lacher. Salemi ermutigte die Besucher: „Ihr dürft alles aufschreiben, es gibt heute keine Filter.“ Dabei fiel auf, dass die Teilnehmer nicht nur konkrete eigene Vorstellungen hatten, sondern sich ebenfalls nicht scheuten Kritik zu äußern. Kritik am ÖPNV oder am Freizeit-, Kultur-und Sportangebot.
Wichtig waren den Jugendlichen auch politische Themen am Zahn der Zeit wie der Umweltschutz und die Sozialpolitik oder die Förderung von Werkrealschulen. Auch auf lokale Themen wie den schleppenden Ausbau der Schönbuchbahn oder das Angebot im W3 kamen sie zu sprechen. Gleichermaßen konnte man aber auch Lob am JGR und seiner Arbeit vernehmen: „Ihr seid eine gute Vertretung für uns Jugendliche hier.“
„Meiner Meinung nach ist die Jugend heute politischer und engagierter als noch vor zehn Jahren“, gab auch Delakos eine sehr positive Einschätzung zur Arbeit des JGR ab. „Wir versuchen diese tolle Entwicklung zu fördern und unsere Jugend schon möglichst früh in Politik und Demokratie einzuführen“, erzählte er und verwies dabei auf den Kinderpolitiktag am 29. November in der Holzgerlinger Stadthalle.
In der zweiten Phase des Abends wurden die voll beschriebenen Flipcharts an drei Leinwände gehängt und ein Stuhlkreis gebildet, in dem alle jugendlichen Teilnehmer und nun auch der Bürgermeister, die W3-Vertreter und Jugendreferentin Dagmar Radler Platz nahmen. Zu ihnen gesellte sich auch Anja Frasch, die als Schulsozialarbeiterin des SGH und der ORS die schulinterne Perspektive vertrat. Die Mitglieder des JGR übernahmen die Federführung und hatten in der Pause aus den vielen Ideen und Ansätzen auf den Flipcharts mehrere konkrete Fragen und Wünsche herausgearbeitet. Diese Fragen wurden jetzt in großer Runde entweder an Delakos gestellt oder, sofern möglich, direkt von Lea Salemi und ihren JGR-Kollegen beantwortet. Die Runde hatte sich schnell in einen Flow diskutiert und die Jugendlichen begannen zu debattieren.
ÖPNV, Jugendort, Volleyballfeld
Anfangs kam die Sprache auf das notwendige, erneuerte Mobilitätskonzept rund um den ÖPNV mit Bus und Bahn. Die Jugendlichen brachten deutlich zur Sprache, dass der immer noch schleppend vorangehende Ausbau der Schönbuchbahn und der damit verbundene Schienenersatzverkehr ihnen ein Dorn im Auge sei. Auch die teilweise mangelnde Erreichbarkeit mancher Orte wie Schönaich wurde kritisiert. Ioannis Delakos geriet schnell unter Druck und gab sich in seinen Rechtfertigungen durchaus volksnah, verbunden mit interessanten Einblicken in die Rathaus-Arbeit. „Die Mobilität ist eine schwierige Sache und ich kann euren Unmut nachvollziehen. Aber die Verbindungen in andere Orte sind eben Kreissache, da müssen die anderen Gemeinden mitziehen. Es gibt in dem Fall womöglich keine Ideal-Lösung, aber wir arbeiten dran“, versprach der Bürgermeister den skeptisch an seine Lippen hängenden Jugendlichen.
Als Nächstes kam die Runde auf den Punkt „Jugendorte“ zu sprechen. Dabei stellten die Jugendlichen klar, dass es ihnen wichtig sei, einen gut erreichbaren Ort zu haben, an dem aber auch gewisse Lautstärken keine Anwohner stören könnten. Diesbezüglich konnte Ioannis Delakos, sehr zur Freude der Jugendlichen, einen Trumpf aus dem Ärmel ziehen: Der Bolzplatz auf dem Feld zwischen Holzgerlingen und Altdorf gegenüber der B 464 soll in Zukunft zu einem Jugendort gestaltet werden. Weniger leicht dürfte es fallen, den Wunsch nach einem Volleyballfeld zu erfüllen. Im Laufe der Diskussionen präsentierten sich Delakos und die Jugendlichen weiterhin auf Augenhöhe und klapperten Themen wie Mobilität, Freizeitangebote, das Schul-Sozialleben oder die Holzgerlinger Infrastruktur ab.
Lea Salemi zog stellvertretend für den JGR ein positives Fazit des Jugend-Hearings: „Es war heute wieder sehr interessant, es sind einige neue Themen aufgekommen und ich hoffe, wir haben gute Denkanstöße geben können. Auch das Worldcafé war gelungen und im Vergleich zum letzten Jahr klar von Vorteil. Ich bin mir sicher, alle können heute etwas mitnehmen.“ Und Delakos versprach: „Ihr werdet gehört und ihr werdet ernst genommen.“